25.02.23 Le Tuc Colibri d’Espis Espallais – 23 km (2.129,7 km)
Ein erster Blick aus dem Fenster… der Tag wird schön😊☀️🙏
Meine Wäsche ist trocken und unten steht das Frühstück bereits für uns bereit. Gestern deutete Agnes schon so etwas an, aber sie war sich noch nicht sicher…doch nun steht es auf dem Tisch: frisch gebackener Briosch😋
Agnes schaut noch kurz vorbei und wir reden bisserl über den Traum vieler Pilger… die eigene Herberge. Etliche realisieren sich diesen Traum auch. Viele unterschätzen aber das Arbeitspensum, sehen es eher durch die himmelblaue Pilgerbrille und sind dann nach wenigen Jahren am Ende ihrer Kräfte.
Unsere Rucksäcke haben ja wieder im Eingangsbereich übernachtet und somit packen wir unten. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass etwas mehr Platz in meinem Rucksack ist. Ich bitte Tanguy, der seine Schuhe im Gegensatz zu mir noch nicht anhat, nochmals hochzugehen und zu schauen, ob ich evtl. etwas liegen lassen habe. Nein, da liegt nichts mehr.
Und wieder ist es bereits um 9.30 Uhr, als wir starten. So richtig kommen wir von dieser Zeit nicht weg😅 Könnte an mir liegen😅😅
Die Sonne scheint, aber es ist noch mächtig kalt. Wenn man schnell genug läuft, gehts😃
Die Landschaft ist vom Morgenreif überzogen, dazu ein ganz spezielles Licht… es sieht schön aus. Wir gehen wieder mit einigen hundert Metern Abstand, jeder in seinen eigenen Gedanken. Auch das ist schön.
Frostig und auf der anderen Seite Frühlingsfarben – ich bin mal wieder fasziniert von der Natur😍
Plötzlich tut sich ein herrlicher Weitblick auf. Und in weiter Ferne ragen aus der Wolkendecke die Schneegipfel der Pyrenäen heraus. Mega. Mit dem Fotohandy allerdings gerade nicht festzuhalten. Da hätte ich das Huawei ( big sorry an die 🍏 -Fan‘s😅) besser mitnehmen sollen. Hab ich eh schon einige Male bereut, dass ich es im letzten Moment zu Hause gelassen habe. Nun ja, es ist, wie es ist.
Auch wenn ich es nicht im Bild festhalten kann, abgespeichert ist dieser Anblick allemal ❤️
Ins Stadtzentrum von Moissac sind es nun nur noch eins, zwei Kilometer.
Auch wieder eine so schöne Stadt. Wir suchen uns eine Bar … ein kleiner Kaffee geht ja immer.
Und dann brauche ich noch ne Post. Ich wollte ja schon in Cahor nochmals paar Sachen nach Hause schicken😅 Doch dann kam die krasse Unterkunftsuche dazwischen. Ich brauche etwas Platz im Rucksack und so treten heute der Daunen-Wanderrock und auch die Daunenjacke die Heimreise an. Die lässt sich zwar wunderbar auf ein kleines Packmaß komprimieren, aber so selten, wie ich die anhatte, steht das in keinem Verhältnis.
Im Anschluss geht es auf den Markt,der heute in der Stadt ist. Wir brauchen noch etwas Wegzehrung.
Und dann auch schon weiter🥾🥾🥾
Bis kurz vor Tagesziel geht es nun an einem Seitenkanal des Flusses Garonne entlang. Der Kanal rechts von uns und links wird der Weg gesäumt von uralten riesigen Platanen. Mega schön.
Es gibt eine Wegalternative ( oder sind wir auf der Alternative?) über einen Berg mit schönen Aussichten. Aber schöne Aussichten hatte ich auf inzwischen über 20100 km Weg genug… ich nehme die ebenerdige, kürzere Strecke. Hab eh n bisserl mit meinem Knie zu tun, da ist flach eh besser. Auch Tanguy entscheidet sich so. Wir laufen mit sichtbaren Abstand, jeder hängt seinen Gedanken nach.
Irgendwann ein Päuschen in der Sonne. Ein Nickerchen ☀️😴😃
Und weiter am Kanal entlang. Erst ca. 2 km vor Ziel verlassen wir den Kanal.
An der Herberge trennen sich unsere Wege für heute. Tanguy wird ein paar Meter weiter im Wald am Fluss sein Zelt aufschlagen und ich nächtige natürlich in der Herberge.
Und nun lerne ich auch Rainer, wie mir ja schon von Agnes angekündigt wurde, kennen. Aber Rainer wusste nichts von meinem Kommen. Und heyyyy, es gibt einen 2. Hospitalero: Joel😃
Und WOW… es kündigt sich ein weiterer Pilger an: Pierre.
Nun kommt Leben in die Bude. Da beide nicht ahnten, dass heute Pilger aufschlagen, ist der Kühlschrank leer und so läuft Joel noch schnell ins Nachbardorf und kauft ein.
Rainer und Joel sind beides Gast-Hospitaleros, der eigentliche Hospitalero und Besitzer der Pilgerherberge läuft gerade den Camino Portugues 😊🥾
Inzwischen ist dann auch Pierre eingetrudelt, ein französischer Pilger.
Eine urige Pilgerherberge und ein wirklich schöner Pilgerabend.
2 Hospitaleros + 2 Pilger = 4 Pilger😅
Schade, dass Tanguy nicht dabei ist, er verpasst etwas.
Rainer lebt seit 16 Jahren auf dem Camino – Wahnsinn. Seine Geschichte berührt mich sehr.
Joel ist Luxemburger und spricht sowohl französisch wie auch deutsch und springt so immer wieder als Übersetzer für Pierre ein😊 Klappt doch.
Auch Joel‘s Geschichte berührend. Ich mag es, wie offen wir Pilger miteinander kommunizieren. Keine Masken. Hier auf dem Camino zeigen wir nicht unsere Schokoladenseiten, hier zeigen wir auch unsere verletzlichen Seiten. Wo, wenn nicht hier?
Für Pierre ist es der erste Weg, aber für uns anderen ist der Camino kein Neuland. Wir wissen, dass man niemals so zurückkommt ( wenn man überhaupt zurück kommt siehe Rainer😅), wie man losgegangen ist. Der Weg verändert immer… mal mehr, mal weniger. Aber auch der Weg hat sich verändert… darüber kann besonders Rainer berichten.
Früher war noch viel mehr Austausch vorhanden. Heute kommt man oftmals in einer Herberge an und allen sind mit ihren Handys beschäftigt 😔
Ich bin schon – so wie Pierre jetzt – Camino‘s gelaufen, ohne eine Telefon überhaupt dabeizuhaben. Ja, tatsächlich habe ich auf den Wehen meine intensivsten Erfahrungen gemacht. Dieses Mal geht es leider nicht ohne.
Rainer erzählt auch davon, dass es eben nicht nur gute Pilger gibt. Er ist schon einige Male beklaut worden, unter anderem 2 Rucksäcke.
Ein so schöner und kurzweiliger Pilgerabend in der Küche, hinter uns knistert das Feuer im offenen Kamin. Der Abend vergeht wie im Fluge.
Im Schlafraum ist es mächtig kalt, aber ich habe ja meine Spezial-Wärmeflaschen und so ist es schön kuschlig im Schlafsack. Ich schlafe wie ein Baby😴😊