23.11.22 Hotel Kloster Damme – Vörden – 11,6 km

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23.11.22 Hotel Kloster Damme – Vörden – 11,6 km

Hab ich gut geschlafen?? Weiß ich gar nicht mehr… so ist das, wenn man den Blog erst 4 Tage später schreibt😅 Aber das ist tatsächlich auch gar nicht wichtig. Ich hab die Ruhe genossen, auch das Frühstücksbuffet. Eine Erzieherinnengruppe war zur Weiterbildung da, wir haben uns kurz unterhalten, auch über Lipödem und das Wandern / Pilgern in Flachstrick. Auch alles noch gar nicht wichtig.  Die Strecke war ja kurz und somit suchte ich mir noch ein schönes Plätzchen und schrieb Blog. Dann schaute ich mich noch in der näheren Umgebung vom Kloster um, es gab da eine sehr schöne Steinspirale… ein Steinlabyrinth.

Ein Schild dazu mit einigen Ausführungen:

„Das Leben ist ein beständiges Gehen im Labyrinth.

Ankommen und Aufbrechen.

Zur Mitte finden und sie wieder verlassen.

Sich wenden müssen und doch immer weiterkommen.“

Trifft auch auf den Camino zu. Absolut zu.

Morgens Aufbrechen und abends Ankommen. 

Abends Ankommen, morgens Aufbrechen.

Immer wieder AUFBRECHEN und nicht wissen, was einen beim Ankommen erwartet. Gehen ins Ungewisse… Vertrauen haben. 

Und LOSLASSEN… immer wieder. 

Gegen 12 Uhr brach ich dann auch endlich auf. Eigentlich wieder ein perfektes Timing. In den frühen Morgenstunden hat es wohl geregnet, aber nun kam die Sonne ein bisschen zum Vorschein. Auch wenn ich am Vortag die größten Erhebungen der Dammer Berge auf der Via Baltica verpaßt habe, gab es noch bisserl Abwechslung beim Gehen😊

In meinen Gedanken war nicht ganz soviel Abwechslung, sie kreisten noch immer um den Vortag herum🤔 Es wurmte mich. 

Und kann ich mir diesen Fehler eingestehen? Wie ehrlich will ich damit umgehen? 

So in meinen Gedanken versunken, stand ich plötzlich vor ner Absperrung mitten im Wald… vor rot-weißem Band🤔🤔

Sicherheitshalber rief ich Frau Schrader von der Ev. Kirchengemeinde St. Christophorus an, in deren Hand die Betreuung, der „Checkin“ der Pilger liegt und fragte, ob sie wüsste, ob es eine Jagd gibt. Nein. Also ab durch die Mitte! Etwas später klärte es sich auf.. Bäume wurden beschnitten bzw. gefällt. 

Aus dem Wald herauskommend geht es noch vorbei an einem alten Hof, vorbei am Schwanenteich mit schöner Pausenmöglichkeit, aber die brauche ich auf so kurzer Etappe ja nicht. Weiter durch das schöne Örtchen Astrup mit seinen schönen alten Bauernhäusern. 

Und dann sieht man auch schon allmählich die Kirchtürme von Vörden, meinem Etappenziel.

Und erst jetzt kommt das, was an diesem Tag wirklich wichtig war, was diesen Tag für mich leuchten ließ, was mir auch 4 Tage später noch ein Lächeln ins Gesicht zaubert. Die Begegnungen! 

Ich habe mir für meine Übernachtung einen Tag „ausgesucht“, an dem scheinbar gefühlt alle Vereine irgendwie im Gemeindehaus zu tun hatten. Erste Begrüßung durch die Pfarrsekretärin Sandra Eckelmann. Ein erster Küchenplausch. Dann kam Frau Schrader, begrüßte mich, setzte Kaffee auf und bot mir Kekse an und dann in aller Ruhe ein Kaffeeplausch. Wie sich herausstellte, war Frau Schrader schon in Boltenhagen zur Kur. 

Um uns herum geschäftiges Treiben, aber ich hatte überhaupt nicht den Eindruck, dass ich störte. In den Raum, in dem die Pilger übernachten können ( obere Etage) , war eine Probe oder Musikunterricht oder so. Ich konnte also noch nicht rein. Unten liefen aufgeregt kleinere Kinder hin und her, sie hatten gleich Tanzstunde.. oder übten sie für den Heiligen Abend… ich weiß es nicht mehr so genau. So entschied ich mich, erst einmal in den Supermarkt zu gehen und für Abendessen, Frühstück und Proviant zu sorgen. Als ich zurück kam, sah ich noch von außen, dass nun auch die Küche belegt ist mit einer, wie es scheint, Sitzung. Wo soll ich denn nur hin? Draußen war es auf jeden Fall zu kalt und so ging ich dann hinein. Ich hatte kaum Hallo gesagt, kam der Pastor Anderson Kopp sehr freundlich zu mir und sagte, dass sie gerade eine kleine Beratung bzgl. der Weihnachtsbaumaufstellung hätten, nun fertig seien und lud mich zum Tisch und auf ein Bier ein. Und dort wurde ich ebenfalls sehr freundlich begrüßt.

Ich hatte wieder einmal überhaupt gar nicht das Gefühl, eine Fremde zu sein, sondern eher das Gefühl, dazuzugehören 😊 Danke dafür liebe Gemeinde 🙏💙🙏

Neben mir sitzt Herr Schrader… genau, der Mann von Frau Schrader, mit ihm hatte ich ja schon telefoniert, als ich fragte, ob ich im Gemeindehaus übernachten darf. Heinrich, der Orgelspieler, wir gehen schnell ins Du über und neben ihm sitzt Walter, der Gastwirt. Unkomplizierte Gespräche, Leichtigkeit, Lachen…ein hyggeliges Gefühl, wie die Skandinavier es beschreiben würden.  Der Pastor gibt noch ein Kräuter aus und der kommt von Rügen… von der der Ostsee 😉 Und ist lecker, wirklich lecker.  Tatsächlich hatte ich schon die Augen zusammengekniffen… dieses Gesicht gemacht… na du weißt schon, wenn ein Schnaps zu stark ist. Aber völlig unbegründet, dieser weiße Kräuterlikör hat was, ist lecker…. schmeckt nach Meer 😅😇 oder doch nach mehr?? Aufpassen Sandra, das Essen steht da noch auf dem Nebenstuhl im kleinen Rucksack und kann noch nicht als Grundlage gezählt werden. 

Eine gesellige Runde, wir reden über dies & das und meinen Weg natürlich auch.  Und ich erzähle Heinrich und Walter von meiner verpatzten Etappe am Vortag.  Beide beteuerten mir, alles richtig gemacht zu haben. Dort „oben“ auf dem Mordkuhlenberg hätte ich bei Dunkelheit ganz schön in Gefahr kommen können… böse Räuber treiben dort ihr Unwesen! 

Natürlich nur in der Sage. Oder vielleicht früher tatsächlich.

Heute sind es natürlich andere Gefahren im Dunkeln… Abrutschgefahr  in so eine Art Schlucht wäre eine davon. 

Bis 19 Uhr bleiben  Walter und Heinrich, dann verabschieden sie sich. Dann sehe ich nochmals kurz den Pastor, der mit der Chorleiterin im Nebenraum ein Lied eingeübt hat, ebenfalls für die Weihnachtszeit. Auch mit ihr hatte ich noch ein schönes Gespräch, irgendwann möchte sie auch mal den Camino laufen. Ihr Lieblingsfilm „Dein Weg“, auch mein Lieblingsfilm über den Camino. 

Mit Martin Sheen und im englischen „The Way“. Als der Film  in Amerika in die Kinos kam, stieg sofort die Anzahl der Pilger aus den USA und Kanada. 

Welcher Film die Deutschen auf den Camino brachte, wissen wir ja alle. 

By the way… ich hatte erstmals 2001 auf Gran Canaria vom Jakobsweg gehört, als eine spanische Kollegin ihn gelaufen ist um sich mental von ihrer verstorbenen Mutter zu verabschieden. Damals hatte ich gerade ein frisches Trennungsthema und dachte… Ja, kann man ja mal machen. Es dauerte noch 9 Jahre, bis ich mich wirklich auf den Weg machte.  Und der Auslöser war ein  Chat mit meiner lieben Freundin und ehemaligen Kollegin Martina auf Gran Canaria am 7. Januar 2010. Sie erzählte mir, dass sie mit ihrem Mann Fran in diesem Jahr den Camino laufen möchte, zumindest die letzten 100 Kilometer, denn es ist ein heiliges Jahr (2010….immer, wenn der Geburtstag des Apostel Jakobus auf einen Sonntag fällt, ruft die spanische Kirche das Jahr als heilig aus). Ich dachte kurz nach und buchte noch in der Nacht zum 8.1.2010 meinen Flug nach Bilbao für den 27.4. ( oder war es der 26.4. und der 27.4. der erste Tag 🥾auf dem Camino… naja, nicht ganz so wichtig heute). Danke 🙏dir liebe Martina ❤️für den Impuls und ich wünschte, irgendwann gehst du auch mal die eine oder andere Etappe auf dem Camino 😊

Dann ging auch die Chorleiterin mit ihren Kindern und ich ließ mich einschließen ( hatte aber einen Schlüssel), baute mein Nachtlager oben, packte bisserl aus und bereitete mir unten dann mein Abendessen zu…Da es nur riesige Töpfe gab, entschied ich mich für gebackenen Camembert aus dem Backofen…wir Pilger sind flexibel und eh schon super dankbar, wenn überhaupt eine Küche vorhanden ist🙏😍

Als ich so am Verdrücken der goldgelben „Kugeln“ ( Ja!!! Alle 4) war, waren da plötzlich Geräusche an der Tür. Na ich ging schon bisserl in Hab-Acht-Stellung, ganz geheuer war mir das nicht. Und dann standen plötzlich 2 Männer vor mir, die mindestens genauso verwundert waren wie ich. Es waren 2 Orgelbauer aus Bautzen, sie restaurieren die Orgel… Thomas und Ruben. Da sie in ihrer Pension nur Frühstück haben, nutzen sie hin und wieder die Küche im Gemeindehaus. Thomas & Ruben. Und Ruben kommt eigentlich von der Algarve😍 Seine eigentliche Heimat ist ganz in der Nähe des Ortes, in dem ich ich mal einige Monate als Reiseleiter für trendtours arbeitete. Und während meiner Jahre an der wunderschönen Costa de la Luz direkt an der Grenze zu Portugal / Algarve war die Felsalgarve auch immer ein Lieblingsausflugsziel von mir… wenn ich mal die Akkus aufladen musste oder einfach nur genießen wollte. 

Wir redeten über dies und das, ich erfuhr ganz viel über Orgeln, Restauration und auf der anderen Seite erzählte ich vom Jakobsweg. 

Und durch Ruben war ich gedanklich auch in einer meiner Herzensheimaten unterwegs…😍🥰 Vorfreude auf April ❤️

Doch wenn Ruben von seiner Orgel gesprochen hat, leuchteten seine Augen😍Auch Thomas mag seinen Job, das merkt man sofort, wenn man ihm zuhört. 

Aber Ruben liebt, glaube ich, liebt „seine“ Orgel. Ist seine Passion😇

So eine schöne Begegnung. Bevor sie gehen, laden sie mich noch für den nächsten Morgen zu einer Besichtigung der Orgel ein. Eigentlich schließen sie die Kirche ab, weil sie im Zeitdruck sind, denn zu Weihnachten sollen sich die Vördener an ihren neuen Klängen  erfreuen können. Trotz Zeitdruck… ich darf kommen 🙏❤️🙏

Beseelt vom Tag gehe ich in mein Pilgerbettchen.  Welch schöner Tag… schön durch die herzlichen Begegnungen. 

Ich sah einige Stunden vorher eine Leuchtreklame eines Bäckers: Wir backen Glücksmomente. Ja! Ich glaube, hier sind tatsächlich viele etwas glücklicher als anderswo. 

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