06.01.23 Montigny-Le-Roi – Langres – 26km (1273,4 km)
Da das Licht mal wieder viel zu spät ausging, hab ich den Wecker auf 7.30 Uhr gestellt. Und viel früher bin ich auch nicht aufgewacht. Es gibt einen Wasserkocher und Kaffee auf dem Zimmer… perfekt. Frühstück, packen und fertig machen läuft alles gleichzeitig ab.
Pünktlich um 7.55 Uhr stehe ich der Lobby und da kommt auch schon die Familie um die Ecke. Auf der Fahrt verständigen wir uns mit dem Übersetzungsprogramm. Ich bin sehr erstaunt, dass die Kinder noch so klein sind. Drei und fünf Jahre alt erfahre ich. Ich frage nochmal nach, ob sie sie zur Schule fährt oder in den Kindergarten?! Nein, tatsächlich in die Schule. Also wie in Spanien, denn dort müssen die Kids auch schon soo früh in die Schule und da meine Freundin Martina Lehrerin auf Gran Canaria ist, weiß ich, dass es tatsächlich richtig lange Unterrichtstage sind, die diese kleinen Kinder dort erwartet. Am Ortsrand hält sie an, wahrscheinlich kurz vor der Schule, und zeigt mir die Richtung, in die ich laufen soll. Ich bedanke mich herzlich, winke noch und starte die gestern Abend geplante Strecke um den Einstiegspunkt zu finden. Dann müsste ich ja recht schnell die ersten Wegweiser finden. Doch dann staune ich nicht schlecht… Komoot sagt, ich befinde mich 18km entfernt von besagter geplanter Route😳😳😳 Was ist da denn schief gelaufen? Erstmal orientieren… OHA… da hatte ich wohl die Orte verwechselt😱
Die Schule ist gar nicht in Marcilly-en-Bassigny auf dem Camino, sondern in Montigny-Le-Roi. Hätte ich mir den Ortsnamen an der Rezeption aufgeschrieben😅, dann hätte ich nicht eine Etage höher und 3 Minuten später einen komplett anderen Namen daraus gemacht😅😱
Doch kein Problem…ich erstelle eine neue Route und es sind 26km bis Langres. Dann mal los.
Anfangs geht es mal kurz an einer etwas mehr befahrenen Strasse entlang, aber auch nur kurz.
Nach Wegweiser brauche ich ja nicht zu schauen, bin weit weg vom Camino.
So laufe ich nun also das erste Mal über Komoot und das stellt sich als recht praktisch heraus…denn das System spricht ja sogar mit mir😃😅🤩 Hätte ich mich vielleicht doch schon mal eher damit beschäftigen sollen. Jetzt muss ich es dann nur noch hinbekommen, die GPS Daten, die ich vom Camino habe zu integrieren. Kommt noch.
Claudia meldet sich per Sprachnachricht und da die Strecke gerade nicht sonderlich interessant und das Wetter eher grau ist, ich keine Wegweiser suchen muss, entscheide ich mich kurzentschlossen, mal durchzuklingeln. Und daraus wird ein längerer Telefonplausch🤩🥰
Und ich bin begeistert… mein neuer Wegweiser meldet sich rechtzeitig zu Wort – trotz Telefonat – wenn ich abbiegen muss und außerdem ne „nette“ Strecke ausgesucht. Also eine Strecke, die Straßen doch relativ meidet. Das klappt also.
Und während ich mit Claudi telefoniere, sehe ich weit weit voraus auf einer Anhöhe mein Tagesziel Langres. Es dürften noch weit mehr als 10 km bis dorthin zu sein.
Irgendwann passiere ich ein Dorf – Changey – mit Bushaltestelle…Pausenzeit. Frisch gestärkt geht es weiter. Es ist immer noch grau in grau.
Mein Weg führt mich nun geradewegs auf einen See zu, es ist nicht der See, an dem der Camino entlangführt. Charmes – Reservoir de Charmes. Natürlich heißt der Ort Charmes, aber der Name erinnert mich spontan an unser deutsches Wort charmant. Charmant finde ich es aber gerade überhaupt nicht. Aber das ist ungerecht, denn es ist grau in grau. Der See grau, die kahlen Bäume dahinter grau. Sicher sieht es hier im Frühling, wenn alles grünt und blüht und die Sonne scheint, viel charmanter aus. Es gibt zumindest ziemlich viele Ferienhäuser. Mich führt der Weg auf die andere Seite des Weges.
Grau in Grau…. ich telefoniere einfach nochmal😅😅 Mit meiner Cousine in Erfurt und im Anschluss mit meiner Freundin in Huelva 😊 Telefontag sozusagen 😅😅
Und schwuppdiwupp bin ich auf dem letzten Kilometer vor Ziel, der es allerdings in sich hat und nochmal schweißtreibend und steil nach oben geht😅😅.
Übernachten werde ich wieder bei Pilgerfreunden/ Helfern von meiner so wertvollen Liste. Da hatte ja Marie Jo für mich bereits gestern angerufen und ich habe mich heute per SMS für erst 17/18 Uhr angemeldet, da ich mir noch etwas die Stadt ansehen möchte bzw. ja auch unbedingt noch in die Tourist Information gehen muss. Dort soll ich eine neue Liste bekommen und natürlich auch einen Stempel.
WOW, die Stadt ist wunderschön 😍🤩 Schon Martin hat mir am Vorabend erzählt, dass sie wohl zu den 50 schönsten Städten Frankreichs gehören soll.
Ich google mal eben und erfahre, dass man über 3,5 km auf dem Wachgang der Wehrmauer spazieren kann. WOW. Ich entscheide mich spontan, hier einen Tag länger zu bleiben und mir etwas Zeit für diese schöne Stadt zu nehmen. Es soll sogar morgen etwas die Sonne scheinen. Toll- bei Sonne dann frei und bei Regenvorhersage laufen. Egal. Muss den Tag auch nutzen, um in Ruhe die folgenden Tage bis Dijon zu planen. Um eine Etappe zu planen erfordert es ja hier ne Menge Anrufe… Zeit also.
Es gibt eine Pilgerunterkunft im Presbyterium neben der Kathedrale, das hatte ich total übersehen bei der Planung. Und so werde ich morgen vom Pilgereltern-Quartier dorthin umziehen.
In der Touristinfo sitzt Claudia, eine Deutsche, die schon viele Jahre hier lebt. Mein größtes Anliegen ist natürlich DIE Liste, mit der ich hier ja irgendwie in Sachen Übernachtung weiter komme als mit meinem gelben Büchlein. Claudia hat eine Liste, die sie mir aber nicht so ohne weiteres rausgeben kann, da Buchungsdetails für Touristinfo‘s enthalten sind. Mir kommt die Liste sehr bekannt vor. Ich habe diese in älterer Version von Pilger Thorsten 🙏🙏zugeschickt bekommen. Ich zeige ihr das und kann sie so überzeugen, mir doch eine Kopie zu ziehen. Ausgedruckt in der Hand haltend stelle ich dann fest, dass diese Liste auch nur bis Langres geht.
Morgen hat Claudia auch Dienst und ich werde sie bitten, mir bei den Buchungen der Übernachtungen bis Dijon behilflich zu sein. Und dann dürfte ich den schwierigsten Teil dieses Weges endlich hinter mir zu haben. Ab Dijon wird es auch noch nicht leicht sein, aber schon etwas leichter.
Ich trinke noch gegenüber in der Patisserie schnell einen Kaffee und laufe dann zur Kathedrale. Es ist schon fast 17 Uhr, aber die Tür ist geöffnet. Uiiiii, es gibt nur sehr wenig Lichtquellen und ich bin ganz alleine. Ich wanke zwischen „mystisch“ und „ angsteinflößend“. Ersteres setzt sich durch und ich verweile etwas.
Nun wird’s aber allerhöchste Zeit, zu meinen Quartierseltern aufzubrechen, die außerhalb der Stadtmauer wohnen. Da kommt auch schon eine besorgte SMS, wo ich denn bleibe und ob sie mich irgendwo mit dem Auto abholen sollen. Voll lieb 🙏Ich schaue nochmals auf meine geschriebene SMS… nee, alles richtig… ich hab mich für zwischen 17 und 18 Uhr angekündigt.
Auch von Rigi und Josiane werde ich herzlich begrüßt. Ich trinke mit Josiane erst einmal Tee und wir kommunizieren über Übersetzungsprogramm. Josiane ist die erfahre Pilgerin im Haus und so tauschen wir uns erstmal natürlich über die schon gemachten Camino‘s aus. Ich erzähle, wie schwierig es gerade ist, Unterkunft zu bekommen und dass ich keine Anschlußliste der Jakobusgesellschaft in der Touristinfo bekommen hätte. Josiane hängt sich sofort ans Telefon und ruft hier und da an 🙏🙏🙏
Dann zeigt sie mir „mein“ Zimmer für die Nacht mit dem Hinweis, dass es um 20 Uhr Abendessen gibt.
So habe ich noch etwas Zeit zum Entspannen.
Wir essen gemeinsam, alles ist wieder sehr schmackhaft und tauschen uns über dies und das aus. Ich erwähne, dass ich mich für einen freien Tag entschieden habe, da die Stadt so schön ist und ich morgen dann im Presbyterium schlafen werde.
Doch Josiane sagt, es wäre absolut kein Problem auch eine 2. Nacht bei Ihnen zu bleiben 🙏🙏
Gegen 21.30 Uhr verabschiede ich mich, schreibe noch etwas Blog, schlafe aber darüber ein.