30.11. Münster – Rinkerode 16,9 km (549,5 km) 

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30.11. Münster – Rinkerode 16,9 km (549,5 km) 

16,9 km – ihr ahnt es schon – ich bin relativ spät gestartet und hab morgens die Chance genutzt, mal bisserl Blog aufzuholen. 

Das scheint jetzt so mein Rhythmus zu sein…abends stehen die Begegnungen im Fokus und die Etappenplanung, Essenbeschaffung & Regeneration im Vordergrund und morgens das Schreiben usw. 😅 

Nach dem Checkout erstmal Kaffee besorgen 😅und dann geht’s los. Fast die Hälfte der Etappe geht es noch durch Bebauung… Hiltrup schließt sich gefühlt fast nahtlos an Münster an, wurde irgendwann in den 70er Jahren auch eingemeindet.

Ein recht grauer Tag und auch ein feuchter Tag. Ich laufe bisserl lustlos umher. In Hiltrup suche ich noch einen größeren Supermarkt auf um Proviant aufzustocken, mehr oder weniger für beide Tage. Bin ich vor diesem Stop noch ohne Regenschutz für den Rucksack unterwegs, war jetzt klar… jetzt wäre es besser mit… So‘n Mist… ich hatte den Rucksack ja gerade im Supermarkt unten um den Einkauf gut zu verstauen. Wieder alles runter? Ich schaue mich um und da gibt es ja etliche Menschen, die ich fragen könnte… zugegeben, ich war wohl etwas träge unterwegs heute. Ich fragte also einen Mann, der gleichermaßen nett wie cool aussah, ob er mal eben den Regenschutz für den Rucksack aus dem Rucksack rauslangen könne und eben dem Rucksack überziehen könne. Kurzer Austausch, ich bedankte mich und dann Versbschiedung und dann sagte er die zwei goldenen Wörter: Buen Camino😍😍😍

Was höre ich sie doch gerne🥰

Wie aus der Pistole geschossen dann meine Frage: Du bist Pilger, oder? Ja! Rüdiger ist schon 2009 den Camino Frances, also von Saint Jean Pied de Port nach Santiago gelaufen… ein Jahr vor mir. Er sagt, heute würde er einiges anders machen… nicht mehr so verbissen sein, auch mal ne Etappe Bus fahren, wenn der Fuß vielleicht wegen ner Blase oder so Erholung braucht. Welch schöne Begegnung, die diesen grauen Tag ein Stück heller gemacht hat. 

Ich finde, es gibt kein richtig oder falsch auf dem Camino – Jeder muss seinen eigenen Weg für ihn richtigen Weg finden. In den ersten Jahren meiner Pilgervirus-Infizierung war ich noch in einigen Facebook-Pilgergruppen unterwegs. Hab mich gefreut, wenn ich zum Beispiel  an meinem  Schreibtisch saß und jemand hat in der Gruppe gerade ein aktuelles Bild vom Camino gepostet…vielleicht von Orten, die ich auch kannte und diese Bilder haben für einen Moment mich gedanklich fortgetragen, mich in Erinnerungen schwelgen lassen😊😊 Aber dann gab es immer wieder Pilger in den Gruppen, die sich darüber aufregten, dass jemand einen Rucksacktransport in Anspruch nimmt, ein anderer im Hotel schläft statt in der Pilgerherberge, noch ein anderer auf dem Pilgerweg online ist und noch ein anderer Bus fährt. Schrecklich. Wie kann ich denn über den anderen richten… ich bin doch kein Stück in seinen Schuhen gelaufen?!?! Jeder muss doch seinen ganz eigenen Weg finden. Ein Pilger braucht viele Kontakte, der andere sucht die absolute Ruhe und Abgeschiedenheit. Einer nimmt jedes Museum am Wegesrand mit, dem anderen reicht Natur pur. Deswegen ist doch keiner besser als der andere. 

Gegenseitiger respektvoller Umgang ist doch das A & O, eben auch das Unterschiedlich-sein ist doch eine tolle Bereicherung für die Gemeinschaft. In allen Lebenslagen. 

Lieber Rüdiger, Danke dir für diese schöne Begegnung und ja, deine Bitte werde ich erfüllen 🙏

Aus Hiltrup raus ging es dann noch ein ganzes Stück an einer vielbefahrenen Straße. Ich bin genervt von dem Krach. Und dem Grau! Und dann überquert die vielbefahrene Straße den Dortmund-Ems-Kanal und eigentlich auch gleich zwei mal (alter und neuer Kanal). Trotz des Nieselregens bleib ich dort einfach eine Weile stehen und beobachte die Schiffe. Genieße! Ach wie schön ist es doch auf einem Schiff….⚓️💙⚓️ Ich glaube, diese Schiffssehnsucht werde ich nie los…😇

Und nun geht es endlich in die Natur rein. Vorbei am Hiltruper See, eine schöne Waldstrecke. Und für längere Zeit geht der Weg auch an Bahnschienen entlang. Morgen sind meine Nebenjob – Kollegen wieder on-tour mit dem Rheingold… Adventsreise nach Österreich, eine Tour, die ich auch oft und gerne begleitet habe. 

Mein Tagesziel ist nun auch gar nicht mehr weit. Heute ist wieder eine private Unterkunft angesagt. Ich darf  bei Mechthild und Matthias übernachten und hatte schon einen ersten Telefonkontakt mit Mechthild. Und Mechthild hat mir schon per WhatsApp die Wegbeschreibung zum Haus geschickt🙏 

Dieser Weg führt mich direkt durch / über einen Bauernhof. Die Kühe drehen sich neugierig zu mir um, ein Esel kommt über die Koppel gerannt zum Zaun…welche Begrüßung. Ein junger Mann kommt auf einem… war‘s ein Traktor🤔? .. landwirtschaftlichen Fahrzeug und ner Ladung Mist auf mich zugefahren. Mit Handzeichen, Mimik und Gestik frage ich, ob es ok wäre, wenn den Hof passiere? Ja, kein Problem😊 Dann zeige ich auf die Kälbchen, die kurz zuvor entdeckt habe. Darf ich näher ran😍😍???? Er stellt den Motor ab und kommt zu mir. Es ist Jochen, der Junior auf dem Hof. Von Jochen bekomme ich nun eine Hof- bzw. Kälberführung 😊🙏 Jochen erzählt mir einiges über den Hof und man merkt sofort, er liebt das, was er tut. Das mag ich sehr. 

Das eine oder andere Kälbchen nuckelt an meinem Finger und dann bekomme ich noch ein ganz frisch geborenes Kälbchen zu sehen. Sooo süß😍😍 

Vielen Dank Jochen für diesen kurzweiligen Stop bei dir. 

Vor 36 oder 37 Jahren habe ich mal im Zuge des PA-Unterrichts ( Produktive Arbeit) im Kälberstall gearbeitet… alle 14 Tage ein paar Stunden 😊 Das war schon auch schön. 

Tatsächlich mag ich auch die Landluft… selbst, wenn die Bauern gerade die Gülle ausgefahren haben ( außer ich habe gerade frisch gewaschene Wäsche draußen hängen 😜) 

10 Minuten später stehe ich auch schon bei meinen heutigen Pilgereltern vor der Tür. Mechthild begrüßt mich herzlich mit Kaffee und selbstgebackenen Keksen und wir plauschen gleich ordentlich drauf los, beim Abendessen lerne ich auch Matthias kennen. 

Es ist inzwischen meine 7. private Pilgerübernachtung und ich bin immer wieder aufs Neue baff, wie selbstverständlich und gastfreundlich diese Menschen uns Pilger aufnehmen und uns für eine Nacht ein Zuhause geben mit familiären Anschluss 🙏🥰 ❤️🥰🙏 1000 Dank euch Lieben🙏

Es ist ein so schönes Gefühl, wenn man spürt, dass man wirklich willkommen ist ❤️

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