22.01.23 Belmont-de-La-Loire – Charlieu 25,2 km ( 1500,9 km)
Heute wird es eine Etappe mit Tagesrucksack, denn abends werden mich Nati und Juan von Charlieu abholen und ich kann eine 2. Nacht bei ihnen schlafen 🙏🙏
Gemeinsames Frühstück, ich trödele absichtlich. Denn die beiden bringen mich nach Belmont runter. Sie werden im Anschluss zur Messe gehen und die geht erst um 10.30 Uhr los und ich möchte nicht, dass Juan und Nati wegen mir so lange in der Kälte warten müssen. Die 9 Uhr Messe haben sie ja wegen mir verpasst.
Sie würden mich hier auch hier oben an einer kleinen Straße rauslassen die mich über die Dörfer nach Charlieu bringen würde bzw. könnte ich auch vom Haus loslaufen. Aber ich Idiot bestehe ja unbedingt auf Vollständigkeit der Strecke, schließlich liegen mir die fehlenden Kilometer vor Dijon noch „quer im Magen“.
Beide zeigen mir noch auf der „Runterfahrt“ wo ich am besten wann abbiege, so dass ich zügig dort hinkomme. Ja!! Haben sie wiederholt getan. Google Maps, Apple und auch Komoot berechnen komplett andere Strecken, also werde ich es so machen, wie sie es mir vorschlagen. Wir haben uns gestern ein Stück „Camino“ angeschaut, total verweht… Tiefschnee! Also Einsicht… die Route über die kleinen Dörfer ist auf jeden Fall die vernünftige Entscheidung, auch wenn ich ohne Rucksack gehe.
Soweit so gut! Eigentlich sollte ich mich gut genug kennen.
Als ich Außendienstler war… in einer Zeit vor elektronischer Navigation… und ich habe nach dem Weg fragen müssen, konnte ich mir maximal 3 Kreuzungen merken und dann hab ich wieder nach dem Weg gefragt. 🤷♀️🤷♀️
Mein Gott, man muss ja auch nicht alles können und man kann doch fragen… wenn Menschen da sind. Die waren aber nicht da… wahrscheinlich alle in der Messe.
Irgendwo bin ich falsch abgebogen… keine Ahnung wo. Dann endlich waren da welche vor ihrem Haus. Charlieu???? Nein!!! Da müsse ich auf die andere Seite von Belmont raus!
Nein!!!!! Das sagt zwar auch mein Navi aber ich weiß, es gibt einen anderen Weg!! Ich habe ihn nur gerade verloren! Verdammte Sch….!!! Und mein Navi findet gar nix mehr.. will mich immer wieder nach Belmont zurück schicken und dann auf eine recht große Straße. Das will ich aber nicht!
Und es ist eisig kalt🥶
Dann plane ich jetzt halt doch mal schnell über Komoot. Und laufe los! Und bin recht schnell im Wald😊 Läuft sich doch gar nicht so schlecht. Und es ist meeeeega schön. So herrlich verschneit. Ein Traum in weiß 😍❄️😍
Leider hält er nicht lange an. Ich passiere scheinbar eine Lichtung… der Schnee wird tiefer…Schneeverwehungen. Das braucht Zeit und Kraft. Endlich wieder bisserl Wald. Jetzt ist der Weg plötzlich zu Ende bzw. zugewachsen. Ich komme da nicht durch. Bleibe hängen. Ein Blick auf die Karte… einfach ein Stück weiter den anderen Weg gehen, dann kann ich da auch abbiegen. Nein kann ich nicht.
Ich muss kapitulieren – DAS wird hier nix. Ich komme nicht voran. Laut Karte sind da vorne einige Häuser… wo Häuser sind, gibt es eine Straße. Dahin gehe ich also.
Und merke, dass mein Regenschutz vom Rucksack weg ist. Ich hatte ihn um den kleinen Rucksack fest gezerrt, wie vor einigen Tagen schonmal. Der Wetterbericht hat Schnee vorausgesagt… ich selbst warte ja immer mit dem Poncho, aber die Sachen sollen geschützt sein.
Nun ist das Ding – 100 Punkte Frau Jafra. Zurück gehen und suchen – NO WAY.
Ich suche mir eine neue Strecke, das Internet ist bescheiden bis gar nicht vorhanden. Meine Finger sind kurz vorm „Abfrieren“. Aber ich denke, ich hab da jetzt die kleinen Straßen über die kleinen Dörfer gefunden. Ich bin auf dem Weg dahin und meine Laune bessert sich. Alles wieder paletti. Und wenn ich einen Zacken schneller gehe, alles noch zeitlich gut schaffbar. Und es irgendwie trotzdem landschaftlich schön. Die Straßen sind wirklich klein und ich treffe weder Mesch noch Auto. Und da vor mir rechts taucht eine etwas größere Ansiedlung auf. Vielleicht bekomme ich sogar einen schnellen Kaffee zum Auftauen?
Aber was ist das????? Die Kirche, die ich schon von weitem ausmachen kann, kommt mir doch erschreckend bekannt vor?!?! Und genau- ich täusche mich nicht! Ich bin wieder in Belmont!!! Neeeeeiiiiiiin!!! Knapp 8 km und über 2 h gekämpft für nichts
Ich überlege kurz, ob ich aufgeben soll für heute, denn ich habe die Nase gestrichen voll.
Aber nein – Aufgeben ist keine Option! Laut Navigation sind über die Hauptstraße knapp 18 km! Ist zu schaffen. Es gibt kaum Verkehr, es ist Sonntag. Also los!
Und ich gehe einfach relativ starrsinnig vor mir hin. Es ist kalt und windig. Und es geht irgendwie unmerklich aber doch stetig abwärts. Ich bin in meinen Gedanken versunken.
Schüsse… Jäger mit Hunden… wie gut, dass ich heute ne Warnweste trage.
Ein Esel schreit nach Aufmerksamkeit, als er mich sieht und kommt die Wiese runtergerannt.. doch mir ist nicht nach Streicheln, bin am Telefonieren… mich ablenken. Und plötzlich merke ich, dass der schöne Schnee immer weniger wird. Um 16 Uhr komme ich in Charlieu im Zenrum an. Da bin ich dann jetzt doch ganz schön zügig gelaufen. Meine Füße bedanken sich sich gerade richtig… so richtig richtig. Ich rufe Juan und Nati an und gehe in die Kirche. Mir ist ganz schön kalt und total kaputt, war n krasser Tag.
30 Minuten später sind die beiden da und sie haben die Idee, noch auf einen Kaffee im Presbyterium vorbeizuschauen. Okay. Dort wird wohl einmal im Monat so eine Art Familien-Freunde-Treff abgehalten.
Ich hab ein sehr nettes Gespräch dort, der warme Kaffee wärmt etwas. Anschließend geht es noch in die Kirche zur gemeinsamen Messe.
Und dann nach Hause. Das Haus ist herrlich warm.
Und die Suppe zum Abendessen wärmt auch schön durch. Außerdem hat Nati ein überbackenes Gericht gemacht und da ich so gerne Kartoffeln mag ( besser… die hab ich nach fast 3 Monaten auf den Weg einfach so vermisst), gibt es auch noch das Gericht von gestern Abend.
Käse und Nachtisch passen bei mir heute nicht mehr rein, aber eine Orange findet dann doch noch Platz.
Ich verabschiede mich schon bald und gehe aufs Zimmer… bin platt.