16.01.23 Saint-Gengoux-le-National – Cluny – 23 km ( 1410 km)

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16.01.23 Saint-Gengoux-le-National – Cluny – 23 km ( 1410 km)

Es regnet Bindfäden draußen. Da passt es ja, dass ich eh noch nicht  vor habe, zu starten🙃

Mein Plan geht auf.. bis ich so startklar bin, der Blog geschrieben  und auch hochgeladen ist ( das Netz ist grausig) ist der Regen vorbei 😊 Geht doch.

Bisher hatte ich zwar 3 riesige große Pötte Kaffee, der auch sehr lecker war und türkisch aufgebrüht😋, aber noch nix gegessen… Proviant brauche ich auch noch. 

Meine dreckigen Schuhe hatte ich am Vorabend unten gelassen in so einer Art Vorflur. In ihnen steckt ein Zettel und ich bin sehr gerührt: Guten Weg Pilgerin! Auf französisch…. Es sind oftmals schon die kleinen Dinge, die so viel bewirken können. In meinem Fall, ich gehe mit einem breiten Lächeln und beschwingt vor die Türe😃

Eigentlich suche ich eine Bäckerei, aber andere Bedürfnisse melden sich plötzlich 🙄 und mein Weg führt in die nächste Bar, anstandshalber bestelle ich auch noch einen Kaffee. 

Jetzt hab ich auch kein Bock mehr auf Bäckerei.. auf dem Weg kommt ein Supermarkt und da gibt es dann ja alles. 

Mein Gott… bis man so loskommt. 

Kaum bin ich aus dem Schutz der Straßen raus, pfeift ein mächtiger Wind. Soo krass. 

Da bin ich ja froh, dass ich mich heute für die neue und zusätzliche Unterbuchse 😅 entschieden habe🙃🙃🙃

Ja, hatte eine Lösung gesucht in Dijon im Decathlon und dabei eigentlich an eine Radlerhose gedacht, dann aber die Merino- Männerunterhose als Boxershort-Modell entdeckt. Und ja, das war eine sehr gute Idee und Wahl. Trage ich nun zwischen Flachstrickstrümpfenund Hose und somit ist jetzt auch das letzte Stück Bein gut gewärmt… und der Hintern doppelt 😅😂 Und sollte es richtig dicke kommen, gibts ja noch den Thermorock. Ich bin bereit für die höheren Etappen… yeeees. Auf jeden Fall ist heute heute tatsächlich der richtige Tag zum Probelauf 💨 🌬️💨

Über mir sind nun sehr sehr bedrohliche Wolken. Und somit habe ich den Poncho schon mal vorne am Gurt. Aber ich frage mich jetzt schon, wie ich den dann bei dem Sturm übergezogen bekommen will. Naja, ist ja noch nicht so weit. 

Der Wind kommt leider nicht von hinten… das wäre es doch😅😃

Nein, er kommt von vorne und ich muss mächtig gegen an kämpfen. Hin und wieder kommt er von der Seite, so dass mir die Stöcke fast wegfliegen. Na das ist ja heute ein schönes Spiel. Aber es könnte schlimmer sein…immerhin ist’s noch trocken 😃

Sogar die Kühe liegen rum, wahrscheinlich, um dem Wind weniger Ansichtsfläche zu bieten… denke ich… könnte ja so sein 😅😅

Soo! Und jetzt ist mir beim Fotografieren fast das Handy aus der Hand geflogen!!! Es reicht langsam!!! Es gibt auch Null Schutz auf der Strecke… voll der Sache ausgeliefert. Die Sommerpilger sind hier an heißen Tagen auch voll der Sonne ausgeliefert. 

Ach ja… Sonne, Wärme… Mein Telefon hat mir heute früh angezeigt, dass ich vor 3 Jahren in Thailand war. Herrlich warm und sonnig. Ich versuche mich mal gedanklich etwas dort hinzubeamen. Ich mache einen Strandspaziergang… herrlich warm und eine angenehme Brise sorgt bisserl für Abkühlung😅😂

Am Wegesrand Schafe, die gucken mich ganz blöd an. 

Und da haben wir heute gleich mal das Selbstgespräch des Tages ( oder eben Monolog mit den Schafen😅) 

„Naaaaa?! Was guckt ihr so??? Ihr denkt wohl auch, ich hab’n Rad ab, dass ich bei diesem Wetter hier rumlaufe, oder?!?“ Mein Blick geht auf die andere Seite und landet direkt in einer schwarzen Wolkenwand, die sich da wohl gerade aufgebaut hat. Dann wende ich mich wieder den Schafen zu: „Okay!!! Denke ich auch!!!“ 

Huiiii, das ist jetzt wirklich dunkel und wirklich verdammt nah. Ich laufe gerade durch eine kleine Siedlung, links von mir ist so eine Art frei stehender Carport. Ich überlege kurz, ob ich mich da unter stellen soll. Aber noch ist es schließlich trocken und vielleicht kommt ja auch gar nichts runter… ich lauf einfach weiter. 

Ich gebe einfach Gas!! 

Und schaffe es auch noch in die nächste Siedlung…

Dort flüchte ich in eine Kirchenruine ( Saint Hippolyte) und dachte, ich könnte da mal kurz dem himmlischen Kind entrinnen, aber das Gegenteil ist der Fall! 

Hab ich mich bis hierher noch über mich selbst lustig gemacht und mich mit Sarkasmus dem entgegengesetzt, vergeht mir nun doch allmählich das Lachen! Kann mal jemand den Wind abstellen?? 

Zwischendurch höre ich es immer mal wieder richtig krachen. Wütet das Unwetter gerade im Wald dahinten?? 

Doch das klärt sich recht schnell auf.. ich passiere die TGV-Strecke!!! Krasse Geräuschkulisse! Und wie oft sie hier lang brettern. Ich frag mich, ob die Anwohner dort drüben in der Siedlung das noch hören oder ob das wie mit Kirchenglocken ist, die man irgendwann auch nicht mehr hört?!? 

Hier hätte ich abbiegen können nach Taizé, aber ich habe das leider etwas schlecht geplant bzw. seeehr frühzeitig die Übernachtung für Cluny reserviert. 

Naja, nun mache ich ja morgen in Cluny frei… Große Wäsche, mal zur Abwechslung wieder in der Maschine, Tourist-Info & Etappenplanung, Cluny-Rundgang, mit dem Bus nach Taizé und zurück. 

Ich hab n gutes Tempo drauf… heute will ich einfach nur ankommen. Pause fällt auch mehr oder weniger aus, nachdem es ja nicht mal Schutz in der Ruine gab. 

Es gibt stellenweise sogar mal blauen Himmel, aber die dunkle Wand bleibt trotzdem. Und ich bin heilfroh, als ich trocken Cluny erreiche. Die Stadt macht einen sehr verschlafenen Eindruck auf mich. Alle Läden haben schon zu, dabei ist es erst kurz vor 17 Uhr. Wenigstens der Supermarkt ist noch auf. Es gibt kaum Passanten. 

Plötzlich habe ich vor meinen Füßen Stolpersteine… eine ganze Reihe. Ich wusste gar nicht, dass auch in Frankreich welche verlegt worden sind. Wie immer ( in Deutschland meist nur die ersten, die ich in einer Stadt sehe) mache ich ein Foto und werde sie später  googeln. NIEMALS VERGESSEN.

Schlafe heute bei den „Soeurs ( Schwestern) de SAINT  JOSEPH DE CLUNY“ ( 1812 wurde die Gemeinschaft von Anne-Marie Javouhey gegründet, die im Oktober 1950 seliggesprochen wurde) und werde sehr freundlich von Schwester Marie Agnes willkommen geheißen und sie zeigt mir alles. Ein Mehrbettzimmer… jetzt fehlen nur noch die anderen Pilger. 

Da wir uns auch über den Krieg und die Bombardierung unterhalten, weiß ich, wann Schwester Anne-Marie geboren wurde und staune nicht schlecht. Auf fast Mitte 80 hätte ich sie niemals geschätzt und finde das Jeansoutfit richtig cool. 

Ich frage, ob ich eine 2. Nacht bleiben darf und es ist kein Problem. Waschen im Haus geht leider nicht, aber sie erklärt mir, wo ich Waschmaschinen in der Stadt finde. 

Okay, hier gibt es also keine Mahlzeit, aber eine gut ausgestattete Küche. Ich ziehe nochmal los zum Supermarkt, der vor meinen Augen schließt. Die Stadt ist wie ausgestorben. 

Hunger habe ich eigentlich nicht so richtig… hab ja nach meiner Ankunft und nach dem Supermarkt-Stop schon so‘n bisserl Frustessen oder Belohnungsessen, kommt auf die Betrachtungsweise an, im Gehen veranstaltet. 

Aber auf nem leckeren Rotwein hätte ich schon Lust. Die paar Lokale, die ich gesehen habe, haben alle zu. Gibts doch nicht. Ist doch eigentlich ne super schöne Stadt, wo sind die Menschen?!?

Am Ende der Straße finde ich dann doch noch n offenes Lokal, ich bestelle mir ne Köseplatte und nen offenen Wein. Der Käse ist gut, der Wein grottenschlecht. 

Okay… ab nach Hause. 

Ich bin noch recht lange wach und gegen Mitternacht höre ich, wie jemand kurz an meiner Türklinke ist. Puhhh.. mir ist bisserl unheimlich. Ich stelle den Paravent vor die Tür, dann wache ich auf, sollte die umfallen 😅😅😅

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