21.01.23 Propieres – Belmont-de-La-Loire – 13 km (1475,7 km)
Heute werden es nicht allzu viele Kilometer, Straße obendrein und somit gönne ich mir etwas mehr Trödeln am Morgen. Frühstück habe ich zu um 9 Uhr angemeldet.
Trotzdem bin ich lange vor dem Wecker wach. Ein Blick aus dem Fenster… es schneit. Hat es schon seit Stunden, wenn nicht sogar die ganze Nacht. Aber noch ist ja bisserl Zeit bis zum Aufbruch.
Das Frühstück ist typisch französisch, aber doch reichhaltig. Und ich darf mir auch Mandarine, Quetschi und Croissant für unterwegs mitnehmen.
Heute werde ich auch wieder abseits des Weges übernachten und dort auch direkt hinlaufen. Diese Übernachtung hat mir Claudia besorgt. Bei Claudia und Stewart hatte ich ja in Bad Münstereifel übernachtet und seitdem sind wir in einem sehr schönen Kontakt. Beide sind ja auch Pilger und Claudia hat 2017 auf dem Camino Norte Alain kennengelernt und einige Jahre später, als sie, so wie ich jetzt, nach Le Puy gelaufen ist, in seinem Ferienhaus geschlafen. Und ich werde bei seinen Eltern übernachten 😊 Seine Mama ist gebürtige Spanierin und in Santiago de Compostela geboren worden. Ich freue mich schon sehr. Schon im Vorfeld haben sie mir angeboten, hier auch mehrere Nächte zu bleiben, mich auszuruhen oder eben auch ohne Rucksack zu pilgern. Ich habe mich entschieden, eine weitere Nacht zu bleiben und von hier nach Charlieu zu laufen.
Lieben Dank Claudia und auch unbekannterweise Alain für eure Unterstützung 🙏❤️🙏
Für mich wird es heute also ein kurzer Weg und ich werde auf kleinen Straßen gehen. Ich werde nicht allein hier oben in den Bergen durch den Tiefschnee tapsen… nein, werde ich nicht. Das können die machen, die taffer sind. Das ist auch genau das, wozu mir die Einheimischen hier raten.
Da es eine kurze Wegstrecke ist, gehe ich etwas später los. Kein Problem für die Hoteleigentümer.
Und der Wetterbericht soll sogar Recht behalten, um 11 Uhr hört es auf zu schneien. Ich kann den Poncho getrost hinterlassen.
Es geht runter, dann wieder hoch um bald auch schon wieder hoch zu gehen. Da ich aber auf der Straße gehe, sind die Anstiege ja auch gar nicht so steil, wie es auf dem Wanderweg wäre. Ich merke die quasi gar nicht wirklich 😃
Von Anfang kämpft sich die Sonne bisserl durch. Ich bin so begeistert von der Schneelandschaft, dass ich ständig das Fotohandy heraushole. Doch die Bilder können es nicht so einfangen, zumal die Schneewolken auf den Fotos viel dunkler wirken. Doch nach und nach wird der Himmel immer blauer… kleine weiße Schäfchenwolken ziehen über mich herüber. Na jetzt ist es völlig um mich geschehen…. Fotohandy rein, raus, rein, raus, rein, raus…
Nun ist das Ziel schon in greifbarer Nähe, aber ich möchte noch gar nicht ankommen, es ist einfach soo schön. Und da Samstag ist, war auch zu keiner Zeit wirklich viel auf der Straße los.
Kurz vor Belmont entdecke ich ein kleines Bushaltestellenhäuschen und ich setze mich hinein und genieße einfach von dort eine ganze Weile diese herrliche weiße Landschaft. Irgendwann gehe ich dann die letzen 1,5 km in das Ortszentrum runter. Belmont-de-La-Loire ist größer als ich annahm. Es gibt eine sehr große Kirche, die aber verschlossen ist.
Von der Kirche aus rufe ich Alains Eltern an, die Verständigung ist ja unproblematischer, da wir spanisch sprechen können. Alanis Eltern holen mich ab, hier Häuschen liegt weiter oben, außerhalb des Ortes. Es sind sehr nette Leute und ich bin sehr dankbar, hier sein zu dürfen 🙏❤️🙏 Wieder einmal bin ich beeindruckt von dieser immensen Gastfreundschaft. Weder Alain noch seine Eltern kennen mich persönlich und sie stehen ja auch nicht in diesem speziellen Büchlein, in dem Familien Pilgern ein Dach über dem Kopf anbieten. Und trotzdem nehmen sie mich vorbehaltlos in ihrem Zuhause auf. ❤️🙏❤️
Während ich das jetzt gerade schreibe und auch an all die anderen vielen privaten Übernachtungen in Frankreich wie auch vorher in Deutschland denke, bei Menschen, die Pilgern wohlgesonnen sind, bekomme ich Tränen in den Augen. Viele von euch lesen inzwischen meinen Blog, verfolgen meinen Weg.
Euch allen nochmals an dieser Stelle von ganzem Herzen meinen aufrichtigen Dank ❤️❤️❤️
Ihr habt diesen Weg für mich so besonders gemacht, so speziell, so intensiv 🥰🥰🥰
Keine dieser Begegnungen möchte ich missen, keine Einzige.
Ihr habt mir immer wieder ein Zuhause gegeben in der Fremde, mich aufgenommen wie ein Familienmitglied. Eure Geschichten mit mir geteilt, euer Essen. Wegen euch war der Weg gar nicht so einsam und es hat ihn ein großes Stück leichter für mich gemacht.
Ja, bis Le Puy ist der Weg alles andere als einfach, da die geringe bis nicht vorhandene Pilger-Infrastruktur einem wirklich viel abverlangt in Sachen Planung. Unzählige Telefonate, Zittern, Umplanen etc.
Ab Le Puy-en-Velay wird es einfacher, viel einfacher. Und es wird anders, ganz anders. Ich werde nach 3 Monaten alleine Pilgern erstmals auf andere Pilger treffen. Nicht viele, aber es wird sie geben.
Und trotzdem, so denke ich, wird mir vor allem dieser schwierige Part in lebendiger Erinnerung bleiben, dank euch vielen lieben Helfern, die ihr mich in eurem Zuhause so herzlich willkommen geheißen habt – DANKE ❤️🙏❤️🙏
Wir essen gemeinsam und unterhalten uns übers Reisen, über Spanien, über Glauben und vieles mehr.
2 Antworten
Liebe Sandra, ich danke dir, dass ich dich virtuell begleiten und in Gedanken mit dir pilgern kann. Es weckt so viele Erinnerungen und Lust auf’s Pilgern, auch wenn dein Weg alles andere als einfach ist. Du beschreibst das so wundervoll lebendig, dass ich deine Freude und Begeisterung aber auch die Strapazen und Anstrengungen fühlen kann. Bon chemin, buen camino
Danke dir liebe Claudia 🥰🙏